Insektenfreundliche Garten- und Grünraumpflege
Insekten sind nicht nur als Basis der Nahrungspyramide für den Erhalt ökologischer Kreisläufe von größter Bedeutung, sie sind auch als Bestäuber unter anderem unserer Kulturflächen von unschätzbarem Wert. Studien zur Vielfalt sowie der Menge an Insekten zeichnen seit Jahren ein alarmierendes Bild um den Zustand der Insektenpopulationen.
Es steht außer Frage, dass dringend Maßnahmen zum Schutz und Erhalt dieser Tiere notwendig sind – und das auf allen Ebenen!
Wie geht insektenfreundlich?
Eine insektenfreundliche Gestaltung und Pflege von Privatgärten bis hin zu öffentlichen Grünflächen ist dabei ein erster wichtiger Schritt zum Erhalt und der Förderung dieser Tiere. Dabei birgt jedes noch so unscheinbare Straßenbegleitgrün ein großes Potential für einen insektenfreundlichen Lebensraum – jeder Quadratmeter zählt!
Mit ein paar Tricks lässt sich die Garten- und Grünraumpflege so gestalten, dass mehr Lebensraum für diverse Insektenarten geschaffen und gleichzeitig auch die Biodiversität vor Ort gesteigert wird. Ein angenehmer Nebeneffekt zum Artenschutz dabei ist: insektenfreundliche Pflege geht oft mit weniger Arbeitsaufwand einher, das meiste wird der Natur selbst überlassen!
Die richtige Pflege ist natürlich immer vom jeweiligen Standort abhängig und sollte im besten Fall von einer fachkundigen Person durchgeführt bzw. begleitet werden. Im Allgemeinen lassen sich jedoch ein paar Maßnahmen zusammenfassen, welche die Vielfalt der Insekten in unseren heimischen Lebensräumen fördern:
Schnitt und Pflege:
extensive Mahd
Warum mähen wir eigentlich so oft?
Bei einer insektenfreundlichen Grünraumpflege ist weniger oft mehr, so auch bei der Mahd. Es eignet sich 1-2 Mal pro Jahr zu mähen (Juni und September), am besten zeitversetzt und nicht alle Flächen gleichzeitig, sodass immer Rückzugsorte für Insekten bestehen bleiben. In den Sommermonaten sollte jedenfalls keine Mahd erfolgen, da in diesen Zeiten ein Mangel an Nahrung bei Insekten besteht.
Direkt neben Verkehrsflächen und Gehwegen ist oft eine regelmäßige Mahd aus Sicherheitsgründen notwendig. Oft reicht dafür aber ein schmaler Streifen, wohingegen daneben die Mahd in längeren Zeiträumen erfolgen kann.
Das Mähgut sollte nach der Mahd immer weggeräumt werden.
Laub liegen lassen
Baustofflager einfach angelegt.
Laub und anderes Pflanzenmaterial, das üblicherweise aus den Gärten und anderen Grünflächen entfernt wird, kann an einem gut geschützten Platz stattdessen angehäuft werden.
Dort bietet es vor allem im Winter ein wichtiges Quartier, dient den Insekten aber auch als Brutstätte, Unterschlupf oder als Quelle für Baumaterial.
gutes Mähwerkzeug
Eine gute Pflege erfordert gutes Werkzeug.
Kreiselmäher, welche oft bei Straßenböschungen zum Einsatz kommen, sind für Insekten besonders gefährlich, da sie die weniger beweglichen Individuen zerhäckseln und mit den Pflanzenteilen einsaugen.
Die händische Sensenmahd gilt als schonendste Methode. Für größere Flächen wie auch öffentliches Grün eignen sich in erster Linie Balkenmäher für eine insektenfreundliche Mahd.
Wichtig ist, dass die Messer immer gut geschliffen sind!
Totholz aufbewahren
Mut zur wilden Ecke!
Ähnlich zum Laub und anderem Pflanzenmaterial, kommt es vielen Insekten zugute, wenn Totholz an einem geschützten Punkt gesammelt wird.
Eine wilde Ecke mit Totholz und anderen Pflanzenresten, evtl. noch in Kombination mit ein paar Steinen beste Ort, bietet diesen Tieren wertvolle Lebensräume ohne viel Aufwand.
Gehölzschnitt im Frühjahr
Verstecke stehen lassen.
Bei der Pflege von Gehölzen ist ein Schnitt im Frühjahr, statt im Herbst zu empfehlen. Der Grund dafür ist, dass einige Insektenarten verwelkte Pflanzenteile als Winterquartier, Brutstätte o.Ä. nutzen.
keine toxischen Mittel
Keine Pesti-, Herbi-, Fungizide, kein synthetischer Dünger
Pesti-, Herbi- und Fungizide sind maßgeblich am Artensterben der Insekten beteiligt. Noch dazu sind sie, genauso wie synthetische Düngemittel, in der Grünraumpflege nicht unbedingt notwendig.
Wenn man auf diese Mittel verzichtet, spart man nicht nur Zeit und Geld, man unterstützt auch die Ansiedlung heimischer Arten auf nährstoffärmeren Böden.
Wahl der Pflanzen:
Artenvielfalt fördern
Vielfalt in unseren Freiflächen!
Egal ob öffentliches Grün oder Privatgärten – kurz geschorener Rasen ist nach wie vor das gängigste Erscheinungsbild. Dabei hat dieser weder ökologische Vorteile, noch ist er leicht zu pflegen. Zudem hat ein gepflegter Rasen einen höheren Wasserbedarf und reagiert eher auf Trockenperioden.
Mehr Vielfalt in den Grünflächen wirkt sich nicht nur positiv auf die Insektenwelt aus, sondern bringt der Landschaft ein buntes und ansprechendes Erscheinungsbild.
Für Insekten (aber auch für viele andere Lebewesen) bringt eine höhere Artenvielfalt unter den Pflanzen auch eine vielfältigere Landschaft voller Lebens- und Fortpflanzungsräume.
verschiedene Blühzeiten
Pflanzen für das ganze Jahr.
Wer die insektenfreundliche Grünraumpflege wirklich intensiv betreiben möchte, achtet bei der Artenwahl nicht nur auf Herkunft und Vielfalt im Aussehen, sondern auch auf die Vegetationsperioden.
Die Wahl von Arten mit unterschiedlichen Blühzeiten von Vorfrühling bis Spätherbst bietet den Insekten einen sicheren Zugang zu Nahrung in ihren aktiven Monaten.
Wenn man von Schneeglöckchen bis hin zu Efeu oder Fetthenne durch das Pflanzenjahr begleitet wird, ist das natürlich auch von ästhetischem Mehrwert.
nektartragende Pflanzen
Blüten mit Nektar bitte!
Schon gewusst, dass es viele Pflanzen gibt, die zwar prächtig Blühen aber keinen Nektar tragen und somit für Insekten keinen Mehrwert darstellen?
Bei insektenfreundlichen Grünflächen sollte man also auf alle Fälle darauf achten, dass man eher auf Nektar tragende Pflanzen zurückgreift.
Hier ein paar Beispiele nektarloser Pflanzen: Gartentulpe, Gartenstiefmütterchen, Forsythie, Chrysantheme, Stockrose, Ranunkel oder Geranie.
einheimische Arten
Heimische Arten statt Neophyten.
Bei der Pflanzenwahl sollte auf alle Fälle auf einheimische Arten zurückgegriffen werden, exotische Arten sind dabei eher mit Vorsicht zu verwenden.
Einheimische Arten eigenen sich deshalb besser, weil sie sich nicht konkurrenzlos verbreiten können und in den meisten Fällen auch robuster sind als Exoten.
Folgende Arten eignen sich besonders für insektenfreundliche Grünflächen:
krautig: Lavendel, Glockenlumen, Schafgarbe, Löwenmäulchen, Kapuzinerkresse, Kornblumen, Wilde Malve und Verbene
verholzt: Holunder, Weißdorn, Felsenbirne, Wacholder, Wildrosen, Heckenkirsche und Haselnuss
Was sonst noch wichtig ist:
richtige Beleuchtung
Insektenfreundliche Beleuchtung.
Besonders im öffentlichen Raum ist Beleuchtung ein großes Thema. Dabei kann durch die Intensität und richtige Wahl des Lichtspektrums nicht nur den Insekten ein Gefallen getan werden, es kann auch für unsere Gesundheit einen positiven Effekt haben.
Grundsätzlich gilt: zielgerichtet beleuchten und nur so viel wie nötig. Auch diffuse Wandbeleuchtung eignet sich eher als direkte Strahler. Ganz zentral für den Schutz nachtaktiver Insekten ist die Farbtemperatur. Statt Blautönen sollte dabei eher auf Bernstein oder warmweiße Farben zurückgegriffen werden.
Insektenhotels
Insektenhotels - ja, aber...
Gerade in Privatgärten, aber auch in Schulhöfen oder anderen öffentlichen Flächen leisten Insektenhotels einen wunderbaren Beitrag, um die Angebote für Nistmöglichkeiten für Insekten zu erhöhen.
Mit ein paar Naturmaterialien wie Reisig, trockenen Pflanzenstängeln oder auch Holzscheiben ist mit wenig Aufwand für viele verschiedene Arten ein neues Zuhause geschaffen.
Egal ob gekauft oder selbst gemacht – die Qualität ist dabei aber von großer Bedeutung! Denn ausgefranste Kanten oder zu scharfe Bohrlöcher können den Insekten oft eher schaden als nutzen. Vor dem Bau sollte man sich also gut informieren und bei einem Kauf auf gute Qualität achten.
Video zum Hotelbau: https://www.naturimgarten.at/gartenwissen/videotipps/tipp/nuetzlingshotel-selber-bauen.html
Mut zur Unordnung
Das Wichtigste zum Schluss.
Ein zentraler Aspekt in der insektenfreundlichen Pflege von Freiflächen ist die Gewöhnung an ein neues Erscheinungsbild.
Dieser Punkt klingt vielleicht gar nicht so wichtig, ist aber mitunter der schwierigste Teil: Neue Bilder im Kopf zulassen und Mut zu „unordentlichen“ Flächen sind angesagt.
Außerdem erfordert die Anlage naturnaher Flächen viel Zeit für die Entwicklung, es ist also neben Mut auch Geduld gefragt.
Aber es lohnt sich!
Die angeführten Informationen sollen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Aspekte insektenfreundlicher Pflege bieten. Es gibt bereits viel Information zu diesem Themenbereich und viel mehr zu erfahren als hier aufgelistet ist.
Für detaillierte Informationen bietet sich eine digitale Recherche aber auch die Auskunft von Expert*innen an. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, weiterführende Informationen finden Sie hier: